Eine schwierige Geburt kann starke Spannungen im Körper des Babys verursachen. Die Osteopathie bietet eine sanfte Möglichkeit, diese zu lösen und so dem Neugeborenen Schmerzen oder gar Entwicklungsstörungen zu ersparen.
Eine Geburt ist ein unvergessliches Ereignis- ein wunderschönes, beglückendes Erlebnis, zugleich aber auch mühevolle, erschöpfende Schwerstarbeit. Das betrifft nicht nur die Mütter, sondern auch die Neugeborenen. Für sie ist die „Reise“ durch den Geburtskanal im wahrsten Sinne des Wortes harte Knochenarbeit. Bei schwierigen oder lange dauernden Geburten kann es nämlich zu starken Verschiebungen und Spannungen im Bewegungsapparat des Babys kommen. (Bei der Mutter hingegen kann vor allem der Beckengürtel extrem beeinträchtigt werden.) Diese übermäßigen Spannungen können im zarten und weichen Körper – besonders im Skelett und in der Muskulatur – des Säuglings gespeichert bleiben, was wiederum in seinem späteren Leben zu unangenehmen Schmerzen oder gar Entwicklungsstörungen führen kann.
Die Osteopathie bietet eine sanfte Möglichkeit, alle derartigen schmerzhaften Verschiebungen und Spannungen zu lösen. Die mittlerweile rund hundert Jahre alte Methode aus den USA geht davon aus, dass sich alle Strukturen im Körper wie etwa Organe, Muskeln und Knochen in einem gewissen Ausmaß frei bewegen können. Unfälle, Verletzungen, Schockzustände sowie auch verlängerte Geburten führen in der Regel zu Spannungen, die diese natürliche Bewegung einschränken. Ein professioneller Osteopath lädt den Körper durch Hände- und Fingerdruck sowie bestimmte sanfte Techniken ein, die ursprüngliche Freiheit der Bewegung wieder zu entdecken. Die Aufmerksamkeit wird dabei auf die Kraft, Gesundheit und Vitalität im Körper und somit besonders auf das Selbstheilungsvermögen gerichtet. Auf diese Weise kann sich die frischgebackene Mutter schneller erholen und ihr Baby die ersten Lebenswochen und Monate entspannter genießen.
Drei Körpersysteme in Harmonie
Aus der Sicht der Osteopathen besteht unserKörper aus drei Systemen, die sich gegenseitig beeinflussen. Die Art der osteopathischen Behandlung richtet sich danach, welches der drei Systeme beeinträchtigt ist. Der Bewegungsapparat (Muskel-Gelenk-System) wird mit Hilfe der „parietalen Osteopathie“ therapiert, bei inneren Organen kommt die „viszerale Osteopathie“, beim inneren Steuerungssystem des Körpers (Gehirn und die dazugehörigen Strukturen) die „cranio-sacrale Osteopathie“ zum Einsatz. Das Ziel ist die Harmonie all dieser drei Körpersysteme – denn nur dann ist der Mensch gesund.
Um dies zu erreichen, forscht der Osteopath nach den konkreten Spannungsstellen, die die Ursache des Schmerzes darstellen. Dabei handelt es sich oft um Spannungen, die bislang von keinem Ultraschall-oder Röntgengerät erfasst werden können.
Untersuchung und Behandlung
Vor der eigentlichen Untersuchung wird die junge Mutter zur Schwangerschaft und dem Geburtsverlauf befragt. Erst dann erfolgt die osteopathische „Behandlung“, die mit den Händen ausgeführt wird. Der Körper wird ganz sanft abgetastet, wobei sich das Augenmerk des Osteopathen vor allem auf etwaige Spannungen richtet. Dabei kann es wahre Detektivarbeit sein, durch gezielten Druck auf die Schädelknochen oder durch zielgenaues Führen mit den Fingerspitzen in den Nackenmuskel Verhärtungen des Gewebes zu lösen. Durch derart gekonnte Griffe wird das betreffende Körpersystem stimuliert und angeregt, seine Funktionsstörungen selbst zu überwinden und in der Folge die ursprünglich vollständige Bewegungsfreiheit wiederzuerlangen.
Kaiserschnitt und Zangengeburt
Bei einer normalen Entbindung wird im Geburtskanal bekanntlich Flüssigkeit aus den Lungen des Babys gedrückt, wodurch ihm das Einatmen leichter fällt. Ähnliches passiert auch mit den Schädelknochen- sie werden zusammengeschoben und entspannen sich wieder. Das wirkt wie ein Entwicklungsschub und hat einen anregenden und öffnenden Effekt für das Skelett und die Muskulatur, vermutlich aber auch für das Nervensystem und Gehirn. Beim Kaiserschnitt hingegen entfällt dieser natürliche Vorgang. Die Folgen: Betroffene Neugeborene haben oftmals Anpassungsschwierigkeiten, sind labiler und leiden stärker unter einer eingeschränkten Atmung.
Auch nach einer Zangen- oder Saugglockengeburt können die hierbei auftretenden Kräfte dazu führen, dass sich die Knochen des noch nicht verknöcherten Säuglingsschädels gegeneinander verschieben. Wird dies nicht korrigiert, wächst der kindliche Schädel in manchen Fällen asymmetrisch weiter. Mit Hilfe von Osteopathie können diese Verschiebungen wieder ausgeglichen werden.
Spuck- und Schreikinder
Wenn Neugeborene auffällig oft schreien oder immer wieder erbrechen, wird dies von der traditionellen Medizin meistens auf Blähungen zurückgeführt und als so genannte „Dreimonatskolik“ interpretiert. Osteopathen finden bei solchen Schrei- oder Spuckkindern häufig signifikante Asymmetrien des Schädels – hauptsächlich im Bereich des Hinterhaupts oder des oberen Halswirbelbereichs. In vielen Fällen wird dabei eine Einengung der beiden Schädellöcher an der Schädelbasis beobachtet. Diese wiederum kann permanent den Eingeweidenerv (Nervus vagus) reizen, was zu den erwähnten Blähungen und Koliken führen kann. Ist hingegen der Zungen-Schlund-Nerv (Nervus glossopharyngeus) betroffen, fallen die Kleinkinder durch übermäßiges Sabbern auf.
Von Schlafstörungen bis zu Zahnproblemen
Die Folgen derartiger Spannungen im Körper können bei Neugeborenen von Trinkschwäche, Atemproblemen und Muskelschmerzen bis hin zu Schlafstörungen und Hyperaktivität reichen. Im Kleinkindalter sind dann vor allem Kopfschmerzen, Lernschwierigkeiten, Konzentrationsstörungen, Ohrenbeschwerden, Fehlsichtigkeit (z.B. Schielen) sowie Zahnfehlstellungen (z.B. Kreuzbiss) und Legasthenie symptomatisch. Je früher ein Baby nach einer schwierigen Geburt untersucht und behandelt wird, desto besser ist es für seine ungestörte Entwicklung.
Wann eine osteopathische Behandlung eines Babys sinnvoll ist:
Bei verlängerten Geburtsverläufen |
Wenn eine Saugglocke oder Zange zur Anwendung gekommen ist |
Bei schwierigen Entbindungen und komplizierten Lagen (z.B. Steißlage) |
Bei Kaiserschnittgeburten und Mehrlingsentbindungen |
Wenn Komplikationen und außergewöhnliche Belastungen in der Schwangerschaft aufgetreten sind |
Bei Neugeborenen mit starken Blähungen und Koliken (Schreikinder) |
Bei Säuglingen, die häufig erbrechen (Spuckkinder) |
Bei Babys mit Atemproblemen |
Wenn ein Kind unter Schlafstörungen leidet oder oft über Kopfschmerzen klagt |
Bei Babys mit Zahnfehlstellungen oder Sehstörungen |
Welche Auffälligkeiten deuten darauf hin?
In der Regel tritt ein Teil und eine von Kind zu Kind unterschiedliche Kombination der unten aufgeführten Symptome auf:
Schiefhaltung des Kopfes bis zur Zwangshaltung Kopfhalteschwäche |
Häufiges Überstrecken, d.h. zurückwerfen des Kopfes und Bildung eines Hohlkreuzes (Stemmt sich weg) bes. wenn es sich aufregt |
Kreisrunde kahle Hinterkopfstelle |
Kranzartiger Haarausfall von einem Ohr zum anderen, entstanden durch schnelles hin und her bewegen des Kopfes in Rückenlage, z.B. vor dem Einschlafen |
Stark ausgeprägtes „Fremdeln“, z.B. Familienfeiern / Zusammenkünfte oder Krabbelgruppen sind mit viel Geschrei und Unruhe verbunden (das Kind will nur bei der Mutter sein und sucht den Abstand zu den anderen, fühlt sich bedroht) |
Erhöhte Infektanfälligkeiten, „Jeder Infekt wird mitgenommen“ |
Bindehautentzündungen, Morgens verklebte Augen |
Ablehnung des Autositzes bzw. Tragetuches |
Ein stets unruhiges, unzufriedenes Kind, was viel Aufmerksamkeit und Abwechslung braucht |
Einseitige Schlafhaltung des Kindes |
Asymmetrie der Bewegung von Armen und Beinen |
C-Förmige Haltung des Rumpfes in Rückenlage |
Schlafhaltung in Seitenlage wie ein nach hinten durchgebogenes ‚C‘ |
Reifungsprobleme der Hüftgelenke, oft einseitig |
Fehlstellung der Füßchen, bis hin zum Sichelfuß |
Schlafstörungen, Einschlafprobleme, Durchschlafprobleme, unruhiger Schlaf |
Schreien im Schlaf, Unterbrechung des Schlafes mit plötzlichem Aufschreien ohne ersichtlichen Grund |
„Haare-Raufen“, Zerkratzen des Gesichtes, Reißen an den Ohren |
„Head banging“, d.h. es schlägt den Kopf z.B. gegen die Gitter des Bettchens |
Hohe Tastempfindlichkeit des Nackens und / oder des Kopfes (Schreien des Kindes z.B. beim Aufsetzen einer Mütze oder Streicheln und Berühren des Kopfes) |
Schädelasymmetrie, im Gesicht und / oder am Hinterkopf bzw. Schädel |
Gesäßfaltenasymmetrie |
Zwei unterschiedlich große Augen |
Trinkschwäche des Babys (Schwierigkeiten mit der Brust aber event. auch mit der Flasche) |
Das Baby kann die Brust nicht fassen und schreit aus Verzweiflung |
Stillen nur auf einer Brustseite möglich, die andere wird abgelehnt bzw. das Baby kann sich nicht entspannen |
Aufreißen des Mundes beim Stillversuch, dabei schnelle hin und her Bewegungen des Kopfes. Kann die Brust event. für wenige Züge fassen, läßt dann aber los und schreit sich in Rage. Mit der Flasche klappt es besser. |
Dreimonats-Koliken und „Schreikinder“ |
Drehen nur über eine Seite |
Das Baby liegt mit 3 bis 4 Monaten ausschließlich auf dem Rücken, winkelt die Beine nicht an, spielt nicht mit den Füßen (dies dient normalerweise als Vorstufe zum Drehen und der Grund für das ausschließlich flache Liegen, ist ein Hinweis für erhöhte Spannung) |
Übermäßiges Sabbern |
Probleme beim Schlucken |
Im Kindergarten- und Schulalter oft Konzentrations- und Lernschwächen |
Verzögerte motorische Entwicklung (dreht sich nicht, krabbelt nicht, kann nicht koordiniert laufen) |
Das Kind zieht sich sehr früh hoch und will in den Stand. Krabbelphase wird übersprungen. |
Bei den Laufversuchen übermäßiges Hinfallen, kein Gleichgewicht |
Beim Hinfallen fängt das Kind sich nicht mit den Händen auf, sondern fällt immer auf den Kopf |
Undefinierbare Kopfschmerzen, Druck im Kopf |
Zehenspitzengänger |
Laufen mit X-Beinen / mit nach innen gedrehten Füßen bzw. Fuß |
Eine Folge des Nichtbehandelns kann sein:
Kopfschmerzen, Migräne |
Haltungsschwächen |
Bewegungseinschränkungen |
Koordinationsschwierigkeiten (Fahrradfahren, Balancieren) |
Motorische Defizite |
Lern- und Konzentrationsstörungen in der Schule |
Wahrnehmungsstörungen |
Gestörte soziale Integration |
Emotionsstörungen (Frustration–>Reizbarkeit–>Ungeduld–>Aggressivität) |
Schreib- und Leseschwierigkeiten |
Beim Erwachsenen äußert sich eine übergangene Behandlung unter Umständen folgendermaßen:
Bandscheibenprobleme |
Bandscheibenvorfall |
Schwindel |
Gleichgewichtsstörungen |
Bewegungsstörungen |
Chronischen Rückenschmerzen |
Ohrgeräusche (Tinitus) usw. |